SonstigesJuliputsch 1934
- Ab / Am
- 26.07.1934
Der mit Wissen deutscher offizieller Stellen durchgeführte nationalsozialistische Putschversuch in Österreich begann am 25. Juli mit dem Überfall von 154 als Soldaten des Bundesheeres und Polizisten verkleideten SS-Leuten auf das Bundeskanzleramt. Dabei wurde Bundeskanzler Engelbert Dollfuß von 2 Schüssen tödlich getroffen. Gleichzeitig drang eine Gruppe von Putschisten in die Wiener Senderäume der RAVAG ein und verbreitete die falsche Nachricht, dass Dollfuß die Regierungsgeschäfte an A. Rintelen übergeben habe. Dies sollte das Zeichen für den Aufstand der Nationalsozialisten in ganz Österreich sein, der in einigen Teilen Oberösterreichs, der Steiermark und Kärnten zu mehrtägigen Kämpfen führte (Kollerschlag). Kleinere Aktionen gab es in Salzburg. Nach der Niederschlagung wurden 13 Putschisten hingerichtet, etwa 4000 Aufständische wurden in Anhaltelager eingewiesen, viele flüchteten nach Jugoslawien. Auf Regierungsseite forderten die Kämpfe 107 Todesopfer, auf Seite der Aufständischen 140 Tote. Verletzt wurden insgesamt 500-600 Menschen. Für die Aburteilung der Beteiligten wurden am 26. Juli 1934 Militärgerichte geschaffen. Literatur: Die Juli-Revolte 1934, 1936; Die Erhebung der österreichischen Nationalsozialisten im Juli 1934, 21984; G. Jagschitz, Der Putsch, 1976.
Schicksalsjahr 1934 - Blitzlichter auf Liezen, Artikel von Karl Wimmler jun.
- 25.07.1934 - 26.07.1934
Der Sohn des langjährigen Liezener Bürgermeisters Karl Wimmler, Karl Wimmler jun., schrieb in der Festschrift anläßlich des Jubiläums "50 Jahre Stadt Liezen", Seiten 137 - 1940, unter dem Titel "Schicksalsjahr 1934 - Blitzlichter auf Liezen" einen Artikel, der nachstehend gekürzt wiedergegeben wird:
Die Anhänger des seit Jänner 1933 in Deutschland an der Macht befindlichen Nationalsozialismus in Österreich waren im Jahre 1934 alles andere als eine homogene Bewegung. Einerseits wurde die NSDAP in Österreich von München aus geleitet und finanziert, und viele aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland ausgewanderte oder geflüchtete Hitleranhängerwurden in der "österreichischen Legion" in Bayern für die Machtübernahme in Österreich organisiert. Im Lande selbst gab es allerdings verschiedene Rivalitäten mit der Führung im Ausland ("im Reich"), sowie zwischen SA und SS. Andererseits hatte bereits 1931 der steirische Heimatschutz unter Pfrimer mit eindeutig nationalsozialistischen Zielen einen Putsch versucht und große Teile der Heimwehren standen dem Nationalsozialismus mit eindeutiger Sympathie gegenüber.
So faßte in Liezen 1932 die ganze Heimwehrtruppe formell den Beschluß zum Übertritt zur NSDAP. 1936 berichtete der Liezener Bezirkshauptmann, die Mehrheit der bürgerlichen Bevölkerung habe bis zum Juli 1934 "mit der NSDAP mehr oder minder sympathisiert"; Bürger und Bauern wünschten vor allem den Ausgleich mit dem Deutschen Reich, von dem sie wirtschaftliche Besserung erwarteten, während die Arbeiterschaft nur wenig von der NSDAP beeinflußt gewesen sei und ihr nun ablehnend gegenüberstehe.
Als nun am 25. Juli 1934 die Wiener SS (Standarte 89) mit etwa 150 Mann das Bundeskanzleramt besetzte, Bundeskanzler Dollfuß ermordete und den früheren steirischen Landeshauptmann Rintelen zum neuen Regierungschef ausrief, sollte dies ein Signal zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in ganz Österreich sein. Aber der Putsch war zwar seit 1933 geplant, von der Münchener Führung mitinitiiert, jedoch äußerst schlecht vorbereitet worden, weshalb er bald scheiterte.
Dennoch war die erste Nachricht von den Vorgängen in Wien für die Nationalsozialisten auch in Liezen das Signal zum losschlagen. "Um 17 Uhr ertönte die Feuersirene der freiwilligen Feuerwehr in Liezen und die Kirchenglocken wurden geläutet", berichtet die Chronik des Gendarmeriepostens. Wenig später "wurde der Posten von zirka 30 - 40 mit Pistolen bewaffneten Nazi unter Führung des Rechtsanwaltes Dr. Ernst Geutebrück gestürmt". Die Gendarmen leisteten keinen Widerstand. Der Chronist erklärt dies mit "Überraschung" und mangelhafter Rüstung. In Wahrheit war es wohl eine Mischung aus Fatalismus gegenüber der Übermacht, Sympathie für die Ziele der Putschisten und opportunistischer Vorsicht, im Fall des Falles nicht auf der Seite der Verlierer stehen zu wollen.
In der Folge wurde, wie es in der Chronik des Gendarmeriepostens weiter heißt, "die Bezirkshauptmannschaft von Roman Holzer, Oberbuchhalter der kaufmännischen Großeinkaufsgenossenschaft [der späteren ADEG] in Liezen, dem eigentlichen Leiter der ganzen Putschaktion, besetzt. "Holzer ernannte sich zum Bezirkshauptmann und ließ die 5-Punkte-Kundmachung per Flugzettel verbreiten.
"Die führenden vaterlandstreuen Männer", so der Gendarmeriechronist weiter, "und alle Schutzkorpsanhänger wurden verhaftet und in das Gerichtsgefängnis gebracht. Im weiteren Verlaufe wurden alle wichtigen Objekte von den Aufständischen besetzt." So war Liezen in der Nacht zum 26. Juli in der Hand der Nationalsozialisten. Diese konnten sich ihrer Macht jedoch nur kurz erfreuen. Von drei Seiten - über Bad Aussee, St. Gallen und vor allem von Oberösterreich aus rückte das Bundesheer vor. Am Nachmittag des 26. Juli kam es im Bereich des Pyhrnpasses zum entscheidenden Gefecht der militärisch u.a. aus den Liezener Gendarmeriebeständen beachtlich gerüsteten Putschisten gegen die Alpenjägerregimente 7 und 8 aus Steyr bzw. Wels mit Toten und Schwerverletzten auf beiden Seiten, bis um 19 Uhr das Bundesheer in Liezen einrücken konnte. "Das bis 22 Uhr auch das Bundesheer aus Stainach und das freiwillige Schutzkorps ( ... ) aus Steyr in Liezen eintraf", so die Gendarmeriechronik weiter, "glich der Ort einem Heerlager". Die Ruhe und Ordnung war wiederhergestellt, vom Posten wurden zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Die Führer und Drahtzieher des Putsches, Roman Holzer, Dr. Emil Schröder und deren nächster Anhang entzogen sich der Verhaftung durch die Flucht nach Deutschland." Holzer wurde nach dem "Anschluß" Österreichs an Deutschland 1938 Bürgermeister von Liezen und blieb dies bis 1944.
1934 als Fanal? Was also war dieses 1934? - Das x-te Jahr der wirtschaftlichen Krise und Stagnation einer von Deutschland einerseits und Italien andererseits abhängigen Wirtschaft Österreichs wurde politisch durch zwei scheinbar ähnliche, aber in Inhalt und Form gänzlich unterschiedliche Gewaltausbrüche unterbrochen. Führte die Sozialdemokratie im Februar einen Abwehrkampf zur Verteidigung von Demokratie und Volksrechten, so erhoben sich im Gegensatz dazu die Nationalsozialisten im Juli mit dem erklärten Ziel, selbst die Macht im Staat zu übernehmen, um diesen Staat zu beseitigen und dem deutschen anzuschließen. Der mit dem Segen der katholischen Kirche und der Unterstützung Italiens installierte Austrofaschismus hatte sich demgegenüber in seinen eigenen Netzen verfangen: Feindselig gegenüber Demokratie und unabhängiger Arbeiterschaft auf der einen Seite, sowie deutsch und zugleich zaghaft für ein eigenständiges Österreich auf der anderen - als Resultat blieb ein wie nie zuvor zerrissenes Land. Die Stadt Liezen war für diese Zerrissenheit ein "gutes" Beispiel.
Kampf am Pyhrnpass
- 26.07.1934
Sieben Personen (2 Bundesheersoldaten, 4 Zivilisten und 1 Aufständischer) starben am 26. Juli 1934 beim Juliputsch am Pyhrnpass. Das Ennstal bildete einen der Brennpunkte des nationalsozialistischen Juliaufstandes.
Die Toten:
Dorothe Zeiringer, Kalkofenwirtin
Willibald Zeiringer, deren Sohn
Alois Hackl, Kalkbrenner
Johann Permadinger, Handwerksbursche
Johann Charwat, Major im AJR 8
Josef Hager, Alpenjäger im AJR 8
Ernst Dreher, Aufständischer
Bericht in der Zeitschrift "Truppendienst"
- 03.07.2009
In der Zeitschrift "Truppendienst 5/2009", Nr. 311, schrieb Oberst Alexander Barthou auf den Seiten 471 und 472 folgenden Artikel über die Mahnmalenthüllung:
Schulprojekt Pyhrnpass
Der Pyhrnpass verbindet Oberösterreich und die Obersteiermark. Während des Juliputsches der Nationalsozialisten war es am 26. Juli 1934 an diesem Pass zu einem Gefecht zwischen Soldaten des Bundesheeres der Ersten Republik und Putschisten gekommen.
Im Zusammenhang mit diesem Gefecht und dessen Opfern - gleichsam als Zeitgeschichte zum Anfassen - führte die 5. C-Klasse des Stainacher Bundesgymnasiums/Bundesrealgymnasiums mit ihren Professoren MMag. Martin Parth (Hauptmann der Miliz) und Mag. Nicole Hecher unter der künstlerischen Begleitung des Bildhauers Max Egger ein besonderes Schulprojekt durch: Die Schüler arbeiteten im Zuge dieses Projektes historisch und künstlerisch die tragischen Geschehnisse rund um den Pyhrnpass während des Juliputscbes der Nationalsozialisten 1934 in der Obersteiennark auf.
Ein von den Schülern errichtetes dreiteiliges Mahnmal erinnert nun an die sieben Toten des dortigen Gefechtes. Drei unterschiedlich hohe Lärchenstämme mit kugelförmigen Stacheldrahtkronen stehen dabei für die im Jahre 1934 eskalierende politische Gewalt und den aufkommenden Faschismus, die zu den unheilvollen Ereignissen des Bürgerkriegsjahres führten.
Das Mahnmal für alle Opfer des 26. Juli 1934 am Pyhrnpass wurde am 3. Juli 2009 enthüllt. Es befindet sich unweit der Passhöhe und des Gedenksteines für den im Assistenzeinsatz gefallenen Major des Bundesheeres Johann Charwat und erinnert mit seiner Inschrift "Post cineres silet ira" ("Über den Gräbern schweigt der Hass") an die dort ums Leben gekommenen (unbeteiligten) Zivilisten, die dort gefallenen Soldaten des Bundesheeres der Ersten Republik sowie an den dort getöteten Aufständischen.
Bei der Enthüllungsfeier auf der Passhöhe gedachten die Bürgermeister der Gemeinden Spital am Pyhrn und Liezen dieses Ereignisses. Der Grundtenor aller Reden war das "Nie wieder!" sowie die Besinnung auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit in einem gemeinsamen Europa der Nationen. Daraufhin enthüllten Nachfahren der Getöteten gemeinsam die Schrifttafeln am Mahnmal. Das Österreichische Bundesheer (dem die das Heer der Ersten Republik betreffende Traditionspflege erlassmäßig übertragen ist) war durch eine Delegation vertreten, ebenso der örtliche Kameradschaftsbund und der Kriegsopferverband.
Enthüllung eines Mahnmales
- 03.07.2009
Anlässlich des 75. Jahrestages des Juliputsches 1934 haben die Betreuungslehrerin Mag. Nicole Hecher, Schüler der 5C-Klasse des BG/BRG Stainach, der Historiker MMag. Martin Parth und der Bildhauer Max Egger beim Parkplatz auf der Passhöhe des Pyhrn ein Denkmal mit der Inschrift in Latein "Über den Gräbern schweigt der Hass" errichtet und feierlich enthüllt. Eine Gedenktafel mahnt die Nachgeborenen: Nie wieder! Die Enthüllung des Denkmales erfolgte am 3. Juli 2009.