Der Schriftsteller und Journalist Johannes Nordmann (1820 - 1887) besuchte im August 1884 Nikolaus Dumba in dessen Villa in Liezen und schrieb in einem mit "Sommerfahrten" betitelten Artikel in der Neuen Freien Presse vom 19. August 1884, Seite 6, darüber unter anderem:
Als ich in Ebensee in strömendem Regen ausstieg, war durch diesen schon die Willkür und Gefahr der Gewitter gebrochen, die sich in östlicher Richtung über den Almsee hinweg und gegen das offene Land ausgetobt hatten. Ihre Nachwirkung kam in erfrischender Weise meiner Frühfahrt nach Ischl und Aussee zu statten, hielt aber kaum zum Mittag vor, an dem jeder Laie in den förmlich stechenden Sonnenstrahlen erkennen mußte, daß noch viel Zündstoff in der Luft liege, der sich vor Anbruch der Nacht in heftigen Gewittern ausgeben würde. Diese murrten und rumorten schon bedenklich, als ich über die Klachau hinweg in das Ennsthal hinausfuhr, um bei einem lieben Freunde in Liezen für ein paar Tage Rast zu machen.
Nun war ich unter Dach und Fach in einer Herberge, wie sie sich der Verwöhnteste nicht besser und freundlicher wünschen kann. Diese Herberge war, um es heraus zu sagen, die Villa des Reichraths-Abgeordneten Dumba, der dort porcul negotiis, die ihm jahraus jahrein auferlegt sind oder die er sich in freier und opferwilliger Wahl selber auferlegt, sozusagen einige Flitterwochen verbringt. Ein flüchtiger Blick aus dem Coupèfenster des Eisenbahnzuges könnte die Vorüberfahrenden leicht zu dem Urtheile verleiten, daß diese Villa zu sehr in der Sonne liege. Wer aber die lauschigen Wege und Steige kennt, die auf Büchsenschußweite im Waldsaume erreicht sind, der sich bis hart an die Ortschaft herabzieht, der wird auch im ärgsten Sonnenbrande eine Siesta in dieser Villa köstlich und begehrlich finden, zumal er noch, was wieder seinen hohen landschaftlichen Reiz bildet, aus dem Salonfenster den Tausing und den imposanten Grimming fast zum Greifen nahe vor sich liegen hat.
Was ursprünglich als pied-à-terre und riposo nach ermühenden Jagdausflügen geplant war, hat sich nachgerade zu einer herrlichen Villa herausgewachsen, was gleichfalls kein Fehler ist, zumal in ihr Einfachheit und Geschmack einen Komfort bietet, der nur in dem geläuterten Kunstsinne des Besitzers seine Erklärung findet.
Freund Dumba ist "ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn", und er hat, nur diesem Sport, nicht etwa in der sonntäglichen Bedeutung dieses Wortes, sondern in der "fermen" und wetterharten Weise zu genügen, ein meilenweites Jagdgebiet, das die Vorlagen des Todtengebirges umfaßt und in dieses selber hinaufgreift Auer- und Schildhahn, Gemse, Hirsch- und Rehwild sind die Beute, die "auf die Decke gebracht" und erlegt wird, von dem "Schädlichen" nicht zu sprechen, dem man gelegentlich Eines auf den Pelz brennt. Da heißt es aber früh auf den Beinen zu sein und spät abends draußen zu bleiben, um eine richtige Pürsche zu leisten. Zu diesem Zwecke muß der Jagdherr seinen Unterschlupf zum Nächtigen haben, und der Nimrod, von dem ich spreche, hat Almhütten auf dem Hochgebirge und Bauernhäuser in den Bergvorlagen erstanden, in denen sich ein Einzelner und eventuell eine kleine Jagdgesellschaft behaglich finden kann.
Ich selber machte, während der Jagdherr oben in den Wänden auf der Pürsche war, mit den Damen des Hauses einen nachmittägigen Ausflug nach der Hintersteiner-Alm, die nach einem kaum stundenlangen Aufstiege mühelos erreicht ist, nachdem man die über den Pyhrn nach Windischgarsten führende einstige Römerstraße verlassen hat. Die geringe Mühe wird durch den herrlichsten, zwischen bewaldeten Höhen eingebetteten Alpenboden, über den ein Quellbach hinwegläuft, reichlich gelohnt. Ich lobe nicht die Frau des Freundes, weil sie jedes Lob bescheiden ablehnt; das aber muß ich zu ihrem Preise sagen, daß sie als Wohlthäterin im ganzen Thale von allen Leuten verehrt wird, mit denen sie in der zwangslosesten und wohlwollendsten Weise verkehrt. Und ich lobe nicht die anmuthige Tochter, die, scheu wie ein Reh, selber als ein wohltätiger Engel in der ganzen Gegend waltet und jeden Tag für einen verlorenen halten würde, an dem sein nicht mit ihren "goldenen Herzen" eine Wohltat geübt hätte. Es sollte mir nicht vergönnt sein, da ich nur kurze Rast in Liezen halten konnte, sie als "Firmgodl" mit einem halben Dutzend von Bauernkindern nach Admont, wo in den nächsten Tagen gefirmt wurde, ausziehen zu sehen. Meine Staffage bliebe unvollendet, würde ich nicht ihre Freundin und Lehrerin, einer kleinen und feurigen Griechin aus Macedonien, erwähnen. Das blitzt und wettert in ihren großen Augen, verschönt und veredelt die ganze Erscheinung, wenn ein patriotisches Thema angeschlagen wird, und man ist in Versuchung, sie zu erzürnen, um sie gleichsam als Feuergarbe auflodern zu sehen.
Ich zähle die paar Tage zu den glücklichen meines Lebens, die ich in der Villa Dumba in Liezen verbrachte, und der Dank meiner Schilderung dieser riposo ist ein ärmlicher und erbärmlicher. Der magnetische Zug meiner Sommerfahrt ging in die Berge von Südtirol, die ich sobald als thunlich erreichen mußte.